Es war eine der entscheidenden Szenen im dramatischen Kampf um die Meisterschaft am letzten Bundesliga-Spieltag. Nachdem Borussia Dortmund im Saisonfinale gegen Mainz 05 in der 19. Minute beim Stand von 0:1 ein Elfmeter zugesprochen wurde, war die Verwunderung groß, als sich BVB-Stürmer Sebastién Haller den Ball auf den Punkt legte. Diesen hatte er zuvor seinem Teamkollegen Emre Can abgenommen, der die Verantwortung zuletzt im Topspiel in München übernommen hatte und auch erfolgreich war.
Mit seinem Schuss scheiterte Haller an 05-Keeper Finn Dahmen. Dortmund war wie in Schockstarre, die befreit aufspielenden Mainzer nutzten das eiskalt. Karim Onisiwo traf anschließend zum 0:2 (24.). Für den BVB reichte es am Ende nur zu einem 2:2-Remis, die große Titelchance war verspielt.
Sky-Experte Lothar Matthäus glaubt, dass der BVB "jetzt Deutscher Meister" wäre, wenn der Elfmeter verwandelt worden wäre. Das betont der Rekordnationalspieler in seiner Kolumne für den Bezahlsender. "Der entscheidende Moment war, als sich Sebastién Haller den Ball schnappt, obwohl der etatmäßige Elfer-Schütze Emre Can diesen fest in den Händen hielt und höchstwahrscheinlich auch verwandelt hätte. So wie die letzten fünf Strafstöße, die er geschossen hat", schreibt er.
Kritik übt Matthäus am Dortmunder Stürmer Haller, der nach überstandener Krebserkrankung in der Rückrunde zu einem wichtigen Faktor im Titelrennen wurde, gegen Mainz aber zum tragischen Helden wurde. "Dieser zusätzliche Druck, den sich Haller dadurch aufgeladen hat, war völlig unnötig. Er hat zwar bei Ajax die Elfer geschossen, aber eben nicht für Dortmund und auch nicht in so einer Situation mit seiner emotionalen Vorgeschichte. Das konnte nur schiefgehen", betont Matthäus.
Lothar Matthäus über Sebastién Haller
Manchmal muss man darauf verzichten, sich die Krone aufsetzen zu wollen
Er fühlte sich an das WM-Finale 1990 gegen Argentinien erinnert, als er Andreas Brehme den Vortritt ließ und dieser den Siegtreffer vom Elfmeterpunkt erzielte. "Manchmal muss man darauf verzichten, sich die Krone aufsetzen zu wollen. So wie ich im WM-Finale 1990. Da man dann zwei Toren hinterherrennen musste und die Bayern zudem in Köln geführt haben, nahm das Unheil seinen Lauf."
Matthäus geht davon aus, dass der BVB eine große Chance verpasst habe, die "nicht so schnell wieder" kommt. Er gehe nicht davon aus, dass die Dortmunder dem FC Bayern in der kommenden Saison Paroli bieten können. "Bayern wird viel stärker sein als in diesem Jahr, ein paar Top-Transfers tätigen, aufräumen, weniger Unruhe produzieren (viel mehr geht auch nicht) und dem Rest gewohnt davonlaufen."